Im südlichsten Flügel des Schlosses richtete Antal Grassalkovich II. (1734-1794) zwischen 1782 und 1785 einen Theatersaal ein. Durch Zusammenlegung der Geschosse des vorher dreigeschossigen Flügels kam ein Saal mit den Abmessungen 24,5 m mal 8 m mal 9,5 m zustande. Die Wände schmückte ein klassizistischer neobarocker Anstrich. Das Theater war nur zeitweise in Betrieb, bei den Aufenthalten des Herzogs in Gödöllő.
Das Theater wurde 1867 geschlossen, an seiner Stelle wurden Räume für den Hofstaat der königlichen Familie eingerichtet.
Im August 2003 wurde seine Rekonstruktion abgeschlossen, seitdem ist es Schauplatz niveauvoller Vorstellungen und kann auch im Rahmen eines Museumsbesuchs besichtigt werden.
Im Ungarn des 18. Jahrhunderts wurde Theater - in Ermangelung offizieller Nationalensembles - vor allem in Schulen und auf Theaterbühnen von Aristokraten gespielt. In einem der Südflügel des Gödöllőer Schlosses richtete Antal Grassalkovich II. (1734-1794) im Rahmen der Umgestaltung des Gebäudes in den Jahren 1782 und 1785 einen Theatersaal ein. Dabei handelt es sich um das erste, bis heute erhaltene Steintheater mit Kulissen in Ungarn.
Durch Zusammenlegung der Geschosse des vorher dreigeschossigen Flügels kam ein Saal mit den Abmessungen 24,5 m mal 8 m mal 9,5 m zustande. (Dieser Umgestaltung fiel die im Rokoko-Stil angestrichene Gästesuite des Vácer Bischofs Kristóf Migazzi (1714-1803) zum Opfer, welche Antal Grassalkovich I. für ihn eingerichtet hatte.)
Die Wände des Theatersaals schmückte ein klassizistischer spätbarocker Anstrich. Die Halbpfeiler mit Raumwirkung und römischen Kapitellen werden oben mit einem Gesims und unten mit einem marmorartigen Sockel verbunden. Die Wandflächen zwischen den Säulen sind rosa mit ockerfarbenem Rahmen, Bandschleifen und Blumengirlanden. Die sich sanft in den Zuschauerraum neigende, 90 Quadratmeter große Bühne war mit einer zeitgemäßen Technik ausgestattet. Die Raumwirkung des barocken Bühnenbildes wurde mittels seitlich einzuschiebenden Kulissen, aufgehängten Bühnenwänden (sog. Soffitten) und Hintergrundwänden erreicht.
Zwischen dem ursprünglich stark zur Bühne abfallenden Zuschauerraum und der Bühne gab es keinen Orchestergraben: die Musiker waren durch einen niedrigen Wandschirm vom Publikum getrennt. Die Zuschauer konnten auf den Sitzplätzen im Erdgeschoss und auf den beiden Galerien an der Rückwand sitzen.
Das Theater war nur zeitweise in Betrieb. Antal Grassalkovich II. und seine Familie verbrachten nur einige Wochen im Jahr in Gödöllő. (Den größten Teil des Jahres verbrachten sie in Wien, Preßburg und Pozsonyivánka.) Der Fürst wurde von einem aus vierundzwanzig Musikern bestehenden Hausorchester begleitet, welches für die musikalische Begleitung bei Theatervorstellungen, kirchlichen Ritualen und anderen höfischen Ereignissen sorgte. Der Dirigent und der Komponist des Orchesters war György Druschetzky (1745-1819). Für die Musiker wurden in dem Flügel gegenüber dem Theater, in dem sog. Musikergang eine Zimmerflucht und ein Proberaum eingerichtet. Im Theater traten in Buda, Pest und Győr spielende deutsche Ensembles auf. Bei den Vorstellungen waren auch die Mitglieder der Adelsfamilien der Umgebung zugegen.
Nach dem Tod von Antal Grassalkovich II. (1794) gibt es für sieben Jahrzehnte keine Angaben zu einer Nutzung des Theaters. Das Theater wurde 1867 geschlossen, als der ungarische Staat das Schloss kaufte und als Krönungsgeschenk Franz Joseph I. und Königin Elisabeth überließ. Das Gebäude wurde schnell renoviert, um es für die Aufnahme der königlichen Familie und des Hofstaats geeignet zu machen. Die Einrichtung des Theaters wurde versteigert und der Innenraum wurde durch den Einbau von zwei Decken wieder in drei Etagen geteilt. Auf den Etagen wurden insgesamt 15 Zimmer und Flure eingerichtet.
Diese Baukonstruktion bestand bis 1986. Zu diesem Zeitpunkt war das Schloss infolge unwürdiger Nutzung nach dem Zweiten Weltkrieg in einem heruntergekommenen Zustand und die Decke war eingestürzt. Anhand der im Laufe der Erschließung zum Vorschein gekommenen Wandmalerei auf allen drei Etagen konnte das Theatergebäude, das vorher nur aufgrund schriftlicher Quellen bekannt war, identifiziert werden. Durch die Erschließung der Wände wurden auch die Spuren der ehemaligen Einrichtung und der Bühnentechnik entdeckt.
Im Zuge der Wiederherstellung des Theaters wurden die Decken wieder abgerissen. Die erhalten gebliebenen Teile der Wandmalerei wurden restauriert, die fehlenden unterscheidbar rekonstruiert. (Diese Teile liegen einige Millimeter tiefer und sind weniger gründlich ausgearbeitet.) Über dem Souffleurkasten ist das fürstliche Wappen der Familie Grassalkovich zu sehen. Das Bühnenbild ist durch zwei Paar drehbare Kulissen (Prisma) und drei Paar verschiebbare Kulissen variierbar. Die Bühnentechnik wurde analog zu der ehemaligen hergestellt. Die Kulissen sind sowohl manuell als auch maschinell zu bewegen. Hinter der Bühne führt eine Wendeltreppe in die ehemalige Migazzi-Suite, deren Wandmalerei restauriert wurde. (Die fehlenden Teile sind hier weiß.) Dieser Raum dient jetzt als Schnürboden.
Die zum Theaterbetrieb notwendigen Hintergrundfunktionen sind in zwei neu erbauten Kellergeschossen untergebracht. Das Theater mit einem Fassungsvermögen von 95 Personen ist seit dem August 2003 wieder Schauplatz von Aufführungen hohen Niveaus. Dieser als Kuriosum der Theatergeschichte geltende Trakt kann im Rahmen einer Führung, eines Museumsbesuchs besichtigt werden.